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Atemstille. Poesie des Ursprungs.

Der Atem ist der Weg zur Stille, und die Stille ist das Zuhause des Atems.

Im einen wohnt das Werden, im anderen das Sein.


wo das Ende der Einatmung – das Empfangen aus dem Ursprung –
den Anfang der Ausatmung – die Antwort des Gebens – berührt, entsteht ein heiliger Moment.
Ein Moment jenseits der Zeit.
Ein leiser Zwischenraum, in dem die zwei Bewegungen sich durchdringen:
Nehmen und Geben,
Empfangen und Schenken,
Ein- und Ausatmen.
Nicht als Gegensätze – sondern als Einheit des ewigen Verlangens,

das sich in Liebe offenbart.
Dieser Moment – zart wie der erste Hauch, tief wie das Erinnern an den Ursprung – ist ein Spiegel der Schöpfungsgeste selbst.
Denn auch dort, im ersten Atem, berührte das Geben das Empfangen, und daraus wurde Beziehung.
So ist der Moment nicht nur ein physiologischer Übergang – sondern ein heiliger Ort im Körper, an dem sich Zeit und Ewigkeit berühren.

Ein Ort, der still ist und dennoch alles enthält.
Ein Atemlang Ewigkeit.

Ein Atemlang Ewigkeit
– das Regá –
ist wie die stille Mitte einer Welle, wenn das Meer innehält, bevor es sich erneut bewegt.
Im Ozean der Schöpfung ist der Atem die erste Bewegung – und Regá das heilige dazwischen.
Keine Leere – sondern Fülle,
kein Stillstand – sondern Schwelle.

Hier berühren sich zwei Räume: der sichtbare und der unsichtbare,
der irdische und der göttliche.
Einatmen – der Ruf des Verlangens,
Ausatmen – die Antwort in Liebe.
Doch im Übergang – entsteht kein Tun, sondern reines Sein.
Wie der Sonnenaufgang, der noch nicht Tag und nicht mehr Nacht ist,
so ist auch das Regá - weder Anfang noch Ende, sondern die ewige Mitte, aus der beides geboren wird.

Der Mensch, der in diesem Moment lauscht, wird nicht größer –
sondern durchsichtiger.

Nicht er atmet –
es atmet ihn.

Und in diesem einen Atemzug erinnert er sich:
an den Ursprung, an das Gebet vor aller Sprache, an den Ruf, der ihn ins Leben getragen hat.

Denn:
Der Kreis
ist das Urbild jeder archetypischen Bewegung.
Er hat keinen Anfang, kein Ende – und doch beginnt alles mit einem Punkt in seiner Mitte.
So wie der Atem im Regá – dem heiligen Zwischenmoment – zur Erinnerung an das Ewige wird,
so ist der Kreis die Form, in der Zeit sich der Ewigkeit beugt.

In ihm liegt:
die Ordnung der Sefirot,
der Tanz der Gestirne,
die Spirale des Wachsens
und das Herz, das gibt, weil es empfangen hat.
Der Kreis berührt alles – doch besitzt nichts.
Er enthält – ohne zu halten.
Er führt – ohne zu zwingen.

Und so sagt er:
Was du suchst,
war schon in dir – wie der Ausatem schon im Einatem geboren wird.
Und so endet nichts.
Denn was wahrhaft empfängt, beginnt nicht mit dem Anfang – und endet nicht mit dem Ende.

Im Atem zeigt sich kein Ziel, sondern ein Weg, der immer wieder zur Quelle führt.
Ein Ruf, der durch Ein- und Ausatmen zu einer Erinnerung wird:
Dass wir nicht getrennt sind, sondern Teil eines ewigen Kreislaufs – getragen von einem Ursprung,
der nicht fordert, sondern gibt.

Und jeder Moment, der in Stille geschieht, ist wie ein Tor: unscheinbar und doch heilig.

Denn dort, wo Verlangen zur Hingabe wird, wo das Geben aus Freude geschieht – beginnt der Heimweg.
Nicht zurück – sondern tiefer hinein
in das Eine, das nie verlassen war.

Und das alles ist nur ein Ruf zur Rückkehr“