Atemschule-online 
 

Die Atmung – Sprache der Seele

Wenn wir heute wirklich wieder zur Seelenkunde zurückkehren wollen – sie zu einer lebendigen Erkenntnis machen –, dann ist die Atmung mehr als nur eine Option:

Die Atmung ist der Urtext der Seele.

Warum die Atmung?
Weil sie geschieht – nicht als Tun, sondern als Offenbarung.
Weil sie aus einer Tiefe aufsteigt, die der Gedanke nicht formt, sondern empfängt.
Weil sie den Leib bewegt – und zugleich aus einem Ursprung fließt, der jenseits des Erklärbaren ruht.
Jede Einatmung ist eine Geste des Empfangens – aus einem Raum, der sich vor der Erinnerung öffnet.
Und jede Ausatmung ein Geben – aus dem inneren Ruf, am Leben teilzunehmen und es zu durchwirken.
Die Atmung berührt – was ewig empfängt und was als Gestalt antwortet.
Sie verbindet – den Raum der Seele mit der Bewegung des Daseins.
Das, was formt – mit dem, was sich gestalten lässt.
Das Empfinden – mit der Handlung.
Die Stille – mit dem Laut. Den Ursprung – mit dem Jetzt.
Und so steht der Atem wie ein stiller Bote zwischen beiden Ufern. Wie ein Engel, der das Unsagbare durch seine Bewegung erinnert.


In der Sprache der alten Seelenkunde

Früher hieß es:
Die Seele seufzt. - Die Seele haucht. - Die Seele trägt den Geist im Atem.
Diese Worte zeigen kein Bild, sondern eine Wirklichkeit, die innerlich berührt wurde.


Genesis 2,7:

„Und Gott hauchte dem Menschen den Odem des Lebens in seine Nase – und so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“

In dieser einen Geste – vom Ewigen zum Gestalteten –
offenbart sich: Der Atem ist nicht Werkzeug, sondern das Zeichen der Seele in Bewegung.

Die Einatmung – empfangend, öffnend, formend.
Wie eine Urgeste weiblicher Weisheit, die nicht festhält, sondern verwandelt.
Deshalb wurde die Seele im alten Hebräisch oft weiblich benannt – נֶפֶשׁ (nefesch).
Und deshalb zeigt der Atem keine Technik, sondern eine Erinnerung an das Ursprüngliche.


Was bedeutet das für den Weg der Seelenkunde?
Wo sich Psychologie dem Ursprung ihrer Fragen wieder nähert, öffnet sich ein Raum für die Seelenkunde.

Das ist kein System oder Methode – sondern als aufmerksames Lauschen als Beziehung zur Tiefe.
Denn der Atem zeigt sich:
– gegenwärtig
– offen
– still
– und frei von Konzept


Vielleicht beginnt Seelenkunde nicht mit Analyse – sondern mit einem einzigen, gehörten Atemzug.
Dort, wo jemand spürt: Etwas lebt in mir, dass älter ist als mein Denken.
Etwas formt mich – und lässt mich in jedem Atemzug ein wenig mehr zu dem werden, was ich immer schon war.

Ursprünglich: Die Seelenkunde

Das Wort „Psychologie“ kommt aus dem Griechischen:
• psyche = Seele
• logos = Wort, Lehre
Psychologie hieß ursprünglich also „Lehre von der Seele“.
Und damit war nicht das gemeint, was man heute unter „Psyche“ versteht – also Gedanken, Gefühle, Verhalten –, sondern die unsterbliche, göttliche Mitte des Menschen, sein innerstes Wesen, seine Verbindung zum Ursprung.


In der antiken Philosophie, bei Platon, Aristoteles oder später auch bei christlichen Mystikern wie Augustinus, wurde die „Seele“ als etwas betrachtet, das über das Körperliche hinausgeht – als das, was den Menschen mit dem Göttlichen verbindet. Man sprach von einer Reise der Seele, von Reinigung, Erkenntnis, Wandlung.
Diese ursprüngliche Seelenkunde war also:
• spirituell in ihrer Tiefe
• philosophisch in ihrem Denken
• existentziell in ihrer Suche nach Sinn


Heute: Psychologie als Wissenschaft

Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften ab dem 17. Jahrhundert und vor allem mit der Moderne ab dem 19. Jahrhundert wurde der Begriff der „Seele“ mehr und mehr aus dem wissenschaftlichen Diskurs verdrängt. Die Psychologie wollte „objektivierbar“ werden – messbar, reproduzierbar, naturwissenschaftlich begründet.
Daraus entstand eine neue Definition:
• Die Seele wurde zur Psyche,
• und die Psyche wurde reduziert auf Verhalten, Denken, Emotion, neuronale Prozesse.
Moderne Psychologie ist also heute eher:
• empirisch (beobachtbar, testbar),
• verhaltensorientiert,
• und oft lösungsorientiert im Sinne von Therapie oder Funktionalität.
Der Unterschied


Seelenkunde (früher)Wesensschau - Sinn-Ursprung-Tiefe - Seele als Verbindung zum Göttlichen
Orientierung an Philosophie, Religion, Mystik

Psychologie (heute)Verhaltenserklärung - Funktion, Therapie - Psyche als neuronales System
Orientierung an Wissenschaft, Statistik, Methodik


Was bedeutet das für uns heute?

Viele Menschen spüren heute eine Lücke:
Therapie hilft – ja. Sie entlastet, stabilisiert.
Aber sie heilt nicht die Seele.
Denn das, was früher mit dem Begriff „Seele“ gemeint war, kann man nicht therapieren. Man kann es nur erinnern. Und empfangen. Daher gibt es heute wieder ein wachsendes Interesse an:
• Transpersonaler Psychologie
• Spiritueller Psychologie
• Integraler Psychologie (Ken Wilber)
• oder an der Rückbesinnung auf die alte Seelenkunde – die fragt:
Wer bin ich, wenn ich nicht nur meine Muster bin?
Wer atmet mich, wenn ich stille werde?


Bitte besuchen Sie diese Seite bald wieder. Vielen Dank für ihr Interesse!